Pronomen: et un dat un de

Menschen & Me

Beim ersten Mal war ich irritiert: „…und mein Pronomen ist ‚es‚“ stellte sich mir ein herzlich lächelnder Mensch vor. Herzlich, nicht sächlich. Zwar ist dieses Pronomen recht einfach zu verwenden, weil es allgemein bekannt ist – für Gegenstände. Aber für einen Menschen? Das fühlte sich im ersten Moment nicht richtig an. Zumindest nicht auf hochdeutsch.

Nun stöbere ich in den letzten Tagen mal wieder in alten Familienfotos.

Und höre im Geiste nochmal den Gesprächen meiner Großtanten und -onkel zu, die sie im breitesten Wäller Platt in der großen gekachelten Hof-Küche führen, während Tante Anna die Butter im hölzernen Butterfass rührt und Tante Klara den Ofen befeuert. Ja, das ist so lange her, wie es sich anhört.

Onkel Clemens auf der Eckbank am Esstisch reißt einen Witz, den ich als etwa Achtjährige nicht verstehe, und trotzdem mitlache. Und dann fällt es mir auf:

Altes Schwarzweißfoto einer Familie an einem Weinberg vor einem Ochsenkarren. Mehrere Generationen Frauen und Männer sind zu sehen.

Wenn sie über andere sprechen, dann sagen sie: „Det Geet hät jesaht…“ „Dat Toni maent…“ „Et is äwer zu spät jegomme.“ „Det is een Schinnozt! De es werrer’s muggelich!“ „De frist mer d‘ Hoor vum Kopp“.

Und so richtig eindeutig ist das nicht, ob eher weibliche oder eher männliche Personen gemeint sind. Oder nur, wenn man weiß, um wen es geht. „Dat Geet“ ist die Patentante. „Det Schinnozt“ ein freches Mädchen, das im Nachsatz als unordentlich beschrieben wird. Aber wenn Tante Anna sagte „De frist mer d‘ Hoor vum Kopp“, dann meinte sie in unserer Runde ihren Bruder Clemens.

Vor allem „dat“ und „et“ wurden allerdings eher für weibliche Personen und für Kinder angewendet – und für Gegenstände.

Ich entschuldige mich hiermit bei allen Wällern, die noch original Platt schwäzze und jetzt die Hände über den Kopf zusammengeschlagen haben. Aber es ist ja so: Die Oma schwäzzt noch ewer platt. Die Mutter spricht es nur noch zuhause und bemüht sich sonst, hochdeutsch zu sprechen. Und die Kinder verstehen Platt nur noch gerade noch so, sprechen aber perfekt und ausschließlich hochdeutsch.

Und so wird es sich vermutlich auch mit den Neopronomen entwickeln: Drei Generationen wird es dauern, bis sie vollständig in den natürlichen Sprachschatz eingeflossen sein werden. Bis dahin werden wir üben und uns bemühen. Versprochen.

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