Archiv 2013: Bewusst. Sein. Lassen.

Digitalien|Menschen & Me

Ok, heute habe ich mich erstmals nicht weg geduckt, als ich mit einem Blogstöckchen beworfen wurde. Ein Blogstöckchen, das ist sowas wie das Wollknäuel beim Stuhlkreis: Derjenige, der es zugeworfen bekommt, darf seine Meinung zu einem vorgegebenen Thema kund tun. Und alle anderen sollen ihm aufmerksam und bewusst zuhören. Bis er fertig ist mit seinen Ausführungen und das Wollknäuel zum Nächsten wirft.

Das funktioniert meist weder im realen Stuhlkreis noch in der Blogosphäre so richtig. Denn während einer redet, grübelt schon jeder für sich, was er denn selbst sagen könnte und hört dem Redner gar nicht zu. Und andere fassen am Ende nur zusammen, was sie von den anderen gehört haben, weil ihnen selbst nix eingefallen ist, oder weil sie weder Lust noch Zeit hatten, sich selbst was zu überlegen. Aber trotzdem gern mit machen wollten. Weil es dann so tolle Vernetzungseffekte gibt, im Blog-Jargon Trackbacks genannt. In der Hoffnung, dass alle anderen Beteiligten eben dann den eigenen Beitrag lesen.

Die Idee ist eigentlich ganz hübsch. Nur leider, wie so häufig, hat sie irgendwann inflationäre Ausmaße angenommen. Beliebige Blogstöckchen-Themen, zu denen jeder Beteiligte absehbar die gleichen Antworten in anderen Worten geben würde knüpfen mehr wilde Knoten, denn ein effektives Netz im Netz. Und so habe ich mich bisher aus dem Blogstöckchen-Spiel bewusst heraus gehalten.

Da ich heute etwas Zeit habe, das Thema mich persönlich interessiert und auch umtreibt, und zu erwarten steht, dass die Antworten auf die Fragen sehr unterschiedlich ausfallen werden, habe ich das Blogstöckchen, das Michael Rajiv Shah mir zugeworfen hat, aufgefangen. Und mir ganz bewusst Gedanken über sein Thema gemacht. Es geht nämlich um Bewusstsein. Here we go.

1. Was ist Bewusstsein für mich?

War Euch bewusst, dass im Bewusstsein Wissen steckt? Wenn ich etwas bewusst tue, dann tue ich also etwas mit meinem Wissen über die Dinge. Und mit maximaler Aufmerksamkeit und Konzentration darauf. Und das mache ich dann so oft, bis das, was ich tue mir so in Fleisch und Blut übergegangen ist, bis ich mich anderen Dingen zuwenden kann. Weil das andere dann scheinbar einfach so fast von selbst funktioniert – nämlich unbewusst.

Das ist wie Autofahren: In den ersten Fahrstunden lenkt man seine ganze Aufmerksamkeit und Konzentration auf Lenkrad, Schaltung, Gas, Kupplung und Bremse und wendet dafür bewusst das an, was man an Wissen über diese Instrumente von seinem Fahrlehrer vermittelt bekommen hat.
Nach 20 Jahren Autofahren hat man das Gefühl, das Auto findet selbst den Weg: Man verschwendet keinen Gedanken mehr daran, ob man jetzt schon von 2. in den 3. Gang schalten sollte oder lieber noch etwas mehr aufs Gas drücken sollte, weil man auf die Autobahn auffährt und beschleunigen will. Und wenn man sein Ziel erreicht hat, kann es sein, dass einem ganze Streckenabschnitte im Bewusstsein fehlen, einfach weil man es während der Fahrt tatsächlich abgeschaltet hat.

Ist das gut? Schon. Ich stelle es mir sehr anstrengend vor, jeden Tag alles was ich tue im vollen Bewusstsein zu tun. Ich glaube, ich habe auch irgendwo mal gelesen, dass der Mensch sich ohnehin nur rund 20 Minuten pro Tag tatsächlich konzentrieren kann. Also, ich möchte mal behaupten, dass das bei mir sehr tagesformabhängig ist. Und natürlich kommt es auch darauf an, ob mir das, was ich tue, Spaß macht. Guten Sex erlebe ich ganz sicher bewusster, und gern auch länger, als Spülen oder Bügeln. D’accord?

Dinge die neu sind und/oder Dinge die Spaß machen tun wir also per se bewusster, als alltägliche Routinen. Und es fällt uns auch leicht, unsere Aufmerksamkeit auf Neues und Schönes zu lenken und es dadurch bewusst wahr zu nehmen. Doch es lohnt sich ab und an mal – gerade nach langen Jahren der Routine – Dinge wieder bewusst zu machen, die man für selbstverständlich hält. Und auch, sie zu hinterfragen: Ist der Weg, wie ich es tue, eigentlich noch state of the art?

2. Wie hängen Bewusstsein und Social Media für mich zusammen?

Social Media ist nur ein Aspekt des Netzes, und das Netz ist reine Kommunikation. Menschen und Server kommunizieren unentwegt miteinander, sei es durch Sprache oder Bild. Meine Newsfeeds gehe ich jeden Tag eher unbewusst durch. Ich lese quer und scanne Bilder, schnell und oberflächlich.

Manchmal lösen Worte oder Bilder einen Impuls aus, der mich alarmiert: “Das ist für Dich relevant!” In dem Moment aktiviere ich mein Bewusstsein. Ich wende mich dem Text oder dem Bild bewusst, nämlich mit Interesse und Neugier zu.

Als Social Media Redakteurin muss ich mir also bewusst machen, welche Worte und Bilder die Menschen, die ich erreichen möchte, in ihrem Unterbewusstsein aktivieren.

Dabei ist auch Sprache an sich ein wichtiger Aspekt, in dem viel häufiger Unbewusstes mit schwingt, was aber auch unterschiedlich interpretierbar ist, je nach Perspektive des Betrachters: Wenn MiScha schreibt

Dann stelle ich gern augenzwinkernd  die Frage, was genau ich ihm wohl angetan haben könnte.

;)

Oder vielleicht habe ich ja auch etwas an getan? Also gewissermaßen an geknipst? Eine interessante Frage, die es vielleicht wert wäre, zu ergründen.

Wir werfen – gerade im Internet – jeden Tag mit Floskeln um uns, weil der Drang, sich immer wieder ins Bewusstsein der anderen zu bringen, sehr groß ist. Auch dann wenn man eigentlich gerade gar nichts mitzuteilen hat. Aber wer nicht schreibt oder keine Bilder postet, der findet nicht statt.  Er IST nicht.

Wer aber unbewusst vor sich hin postet, schreibt häufig viel mehr, als er eigentlich preis geben wollte. Es lohnt sich also, bewusst (mit Wissen) im Sein zu sein, wenn man seiner Öffentlichkeit etwas mitteilen möchte – im Privaten wie im Beruflichen.

3. Wie nutze ich Bewusstsein im Business Leben?

Manchmal denke ich, Bewusstsein und Business schließen sich aus. Google Translate übersetzt das Wort “busy” mit “beschäftigt, besetzt, belegt, geschäftig, belebt, rege”. Es geht im Business also immer um Aktion und Bewegung. Und sind zum Beispiel die Wörter “besetzt” und “besessen” nicht auch verwandt? Und “besessen” wiederum mit “besitzen”?

Business ist also etwas, was Besessene besetzt, damit sie etwas besitzen können?

Jetzt überziehe ich mit der Wortspielerei? Natürlich.

Aber dennoch, vielleicht liegt hier im Business häufig der Hase im Pfeffer: Man folgt unentwegt vorgegebenen Regeln, Routinen, Abläufen, Gesetzen und verliert darüber häufig sein Bewusstsein.

Für das Leben.

Business ist nämlich nur ein Aspekt davon. Es spricht überhaupt nichts dagegen, 12 Stunden am Tag busy zu sein. Wenn man mit den Menschen, mit denen man zusammen arbeitet, das zweite Frühstück, die Kaffeepause, die Siesta, die zweite Kaffeepause, diesmal mit Kuchen, und das Feierabendbier zelebriert.

Wenn man es sich bewusst macht, dass man sich das Leben angenehm gestalten kann. Auch während der Arbeit. Indem man sich seinen Arbeitsplatz – den Ort, an dem man die meiste Zeit seines Arbeitslebens verbringt – so schön gestaltet, dass man sich dort wohl fühlt.

Indem man sich bewusst macht, dass es einem selbst gut tut, wenn es den Kollegen gut geht – und man deshalb bewusst etwas dafür tut, dass es ihnen gut geht.

Indem man sich darüber freut, dass die Kollegen sich freuen. Vor allem dann wenn die Arbeit aus schnöden Routinen besteht, ist das Bewusstsein für das soziale Umfeld, das Gefühl für die Menschen um einen herum, besonders wichtig.

Denn jeder Tag ist es wert, einfach gelebt zu werden.

4. Wie schaffe ich es, in einer bewussten Haltung zu bleiben/zurück zu kehren?

Indem ich das Sein lasse.

Wenn ich mir grundsätzlich bewusst darüber bin, dass es mir gar nicht gut tut, den ganzen Tag bewusst durch das Leben zu gehen, sondern dass ich meine Routinen, meine Drömeligkeit, mein Unbewusstes ebenso brauche, wie meine Pausen, meine Tagträume, meine Einhörner und meine Albernheiten, und wenn ich mir grundsätzlich bewusst mache, dass der ganze Tag dafür da ist, es mir und meinem Umfeld schön zu machen, dann reicht das schon.

Wenn ich meine 2 Stunden Konzentrationsfähigkeit am Tag dann tatsächlich mit vollem Bewusstsein einsetze, bin ich ganz sicher genau so produktiv, wie ich es brauche.

5. Was tue ich, wenn Bewusstsein in der Esoterik-Schublade landet?

Was ist Esoterik? Ist das Kunst, oder kann das weg?*

6. Was soll ein Bewusstseinkongress beinhalten, damit ich ihn besuche?

Schon im Vorfeld muss sich mir der bewusste Umgang mit Sprache erschließen. Lese ich auf Plakaten, Flyern oder in der Vorberichterstattung fluffige Wortwölkchen und -Kreationen, die auch nur andeuten, dass ich auf diesem Kongress vor allem auf Esoteriker* in Wallegewändern stoßen könnte, versenke ich meine Karten in der Elbe.

Und ich erwarte Speaker, die mit beiden Beinen auf der Erde den Kopf in den Wolken haben: In den Zukunftswolken. Menschen, die sich aktiv und Kraft ihres Bewusstseins Gedanken um die Gestaltung und Entwicklung unserer Zukunft machen, und das aufgrund ihres Wissens um Naturgesetze tun.

Wessen Bewusstseinssicht interessiert mich besonders?

Ich werfe nicht mit Stöckchen. Ich philosophiere lieber bei einem guten Glas Rotwein mit Freunden und spannenden Menschen über das bewusste Sein und über rosa Einhörner und so. In so eine Runde würde ich zum Beispiel Ninia Binias, Charis Stank, Jan Off, Kerstin Petermann und Hinnerk Weiler einladen. Warum? Weil ich mir bewusst bin, dass das sicher eine total lustige Runde wäre :D


Ich frag mal, ob sie auch Lust haben darüber zu bloggen…

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