Software- und Spiele-Entwickler, das scheint derzeit der Traumjob schlechthin zu sein. Jobportale quellen über vor Stellenangeboten, und es gibt Headhunter, die sich nur noch auf diese Sparte konzentrieren können: Die Nachfrage ist deutlich größer, als das Angebot. Der ‘Handel’ mit Entwicklern entwickelt sich zu einem ähnlichen Geschacher wie bei den Top-Spielern in der Fußball-Bundesliga.
Die deutschen Softwareschmieden sind deshalb auf Entwickler aus Ost-Europa angewiesen. Sie kommen aus Polen, Tschechien, Bulgarien und Rumänien und werden hier dankbar aufgenommen. Nicht nur, weil sie nicht ganz so teuer sind, wie die deutschen Techies: Sie haben auch den Ruf, motivierter zu sein und konzentrierter zu arbeiten.
Umso wichtiger wäre es, dem interessierten Nachwuchs schon frühzeitig die Branche näher zu bringen und schmackhaft zu machen. Doch Alex (13) sucht seit Wochen vergeblich für Mai 2014 eine Praktikumsstelle in Hamburg oder dem Südosten von Schleswig-Holstein. Bei etlichen Spieleportalen hat er sich schriftlich per eMail beworben, sogar ein Video dafür erstellt. Aber es kam kein Feedback. Gar keins. “Die haben mir nicht mal eine Absage geschickt.” schildert dey enttäuscht dems Erfahrungen.
Sharam Taheri, Teamleiter bei Northworks, die unter anderem Goal United betreiben, bedauert die Situation: “Schülerpraktikanten binden Ressourcen, die die Branche aufgrund des Fachkräftemangels derzeit einfach nicht übrig hat. Deshalb werden ausschließlich studienbegleitende Praktika angeboten. Der Aufwand für einen Schülerpraktikanten, der nur zwei Wochen da ist, ist einfach zu groß.” Und er fügt hinzu: “Ich weiß, dass das blöd ist.”
Cem Başman
Die Entwicklung mit den Entwicklern beobachtet Cem Başman nun seit fast 40 Jahren. Bereits zu Beginn seines Informatikstudiums Anfang der 70er arbeitete er selbst nebenher als Programmierer. Seither hat er sämtliche Trends der Software- und Medienbranche verfolgt, Projekte begleitet, Unternehmen beraten, Unternehmen gegründet, das Internet vielleicht sogar ein Stück weit mit erfunden, sicher aber mit gestaltet. “In den letzten 20 Jahren zeichnet sich deutlich ab, dass immer weniger junge Leute sich für technische Studiengänge interessieren. Der eigene Nachwuchs fehlt in Deutschland immer mehr.” erläutert er seine Beobachtungen. “Selbst Neugründungen in der IT-Branche finden überproportional durch Zugewanderte statt.”
Das deutsche Schulsystem macht er nicht unmittelbar für das mangelnde Interesse junger Leute an der Materie verantwortlich: “Das aktuelle Schulsystem ist zwar sowohl für Schüler als auch für Eltern extrem chaotisch. Eine echte Begabung sucht sich ihren Weg aber auch außerhalb der Schule. Die meisten Jüngeren aus meinem Umfeld haben sich das Wissen über IT, Web und Informatik außerhalb ihrer Schulen angeeignet. Und das gilt für fast alle zugewanderten IT’ler in noch stärkerem Maße. Aber wer etwas drauf hat, geht dann in die USA um dort zu studieren.”
Cem denkt, dass sich die Grundhaltung der Deutschen verändert hat: “Deutschland war mal das Land der Dichter und Denker, der Tüftler und Bastler, der Macher. Aus Machern sind aber heute überwiegend Konsumenten geworden.
Gut zu werden und zu sein, und noch besser zu werden, ist eine Frage der Haltung und des Interesses des Einzelnen.”
Ein Grund mehr, interessierte Jugendliche mit offenen Armen willkommen zu heißen und sie für die Branche zu begeistern, statt sie zu ignorieren und sie ihr Schulpraktikum als Regaleinräumer im Supermarkt absolvieren zu lassen. Alex sucht auch weiterhin nach einem Praktikumsplatz, nicht nur bei Spiele-Entwicklern: “Ich würde einfach gern den Profis über die Schulter gucken und vielleicht ein kleines Übungsprojekt selbst umsetzen können. Auch Infografik wäre eine tolle Sache! Und ich bin ja kein totaler Anfänger.”